Schützenbund kritisiert zu vage Formulierungen im Toponomastik-Gesetzentwurf und warnt vor Fallstricken

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BOZEN – Es ist nicht wenig, was der Südtiroler Schützenbund am SVP-Gesetzentwurf zur Toponomastik die Haare zu Berge stehen lässt. Obwohl seit Jahren zu diesem Thema diskutiert wird, sind einige Formulierungen zu wenig durchdacht und können Fallstricke bergen, warnt Landeskommandant Elmar Thaler.

So heißt es darin beispielsweise bereits im 1. Art.:

„2. Das Ortsnamenverzeichnis dient der korrekten Benennung des Gebietes des Landes Südtirol […].“

„Bereits hier stellt sich die Frage, was mit „korrekt“ gemeint ist. Sprachwissenschaftlich korrekt, juristisch korrekt oder sprachpolitisch als „korrekt“ diktiert?“, gibt Thaler zu bedenken.

Außerdem solle dieses Ortsnamenverzeichnis laut Entwurf „der Verbreitung der Kenntnis […] der Herkunft der Ortsnamen“ dienen. „Soll also die Kenntnis der tolomeisch-faschistischen ebenso verbreitet, deren Aussprache, Gebrauch, Tradition und Herkunft festgehalten werden, wie der anderen?“, kritisiert man in der Schlernstraße.

Und weiter heißt es im SVP-Entwurf: „Das Ortsnamenverzeichnis […] umfasst alle im Lande Südtirol gebräuchlichen Ortsbenennungen, und die antiken oder nicht mehr verwendeten Namen.“

Was ist damit gemeint? Historische Ortsnamenbelege? Entsprechende Forschungsarbeiten wurden bereits, selbst durch Unterstützung des Landes Südtirol, geleistet und publiziert.

Außerdem solle das Ortsnamenverzeichnis, immer laut SVP-Gesetzentwurf, „auch der Erfüllung der in den Artikeln 101 und 102 des Autonomiestatuts für die Region Trentino-Südtirol genannten Zwecke dienen“. Auch dies ist laut Südtiroler Schützenbund bedenklich vage formuliert. Artikel 101 besagt nämlich: „In der Provinz Bozen müssen die öffentlichen Verwaltungen gegenüber den deutschsprachigen Bürgern auch die deutschen Ortsnamen verwenden, wenn ein Landesgesetz ihr Vorhandensein festgestellt und die Bezeichnung genehmigt hat.“ Im Klartext heißt dies, dass neben den sogenannten „italienischen“ Namen auch die deutschen Namen verwendet werden müssen. Doch wird an keiner Stelle erwähnt, welche italienischen Namen gemeint sind. Auch jene, die konstruiert wurden und auf den faschistischen Dekreten basieren?

Und Artikel 102 besagt: „Die ladinische Bevölkerung hat das Recht […] auf die Erhaltung der Ortsnamen und der eigenen Überlieferungen.“ Bedeutet dies also, dass für die ladinische Bevölkerung nicht-ladinische Ortsnamen verzichtbar sind oder dass die Ortsnamengebung in Ladinien dreisprachig sein muss?

Leicht macht es die SVP in ihrem Entwurf den Faschisten auch mit dem Punkt 4, wo es heißt:

4. Jeder Ortsname wird in der deutschen, italienischen, und ladinischen Fassung eingetragen, sofern in jeder dieser Sprachen vor Ort gebräuchlich.“, und zwar deswegen, weil also so auch alle Ortsnamen eingetragen würden, die nicht historisch begründet, sondern reine Schreibtischkonstruktionen im tolomeisch-faschistischen Geist sind.

Kritik findet auch, dass in der italienischen Version der Begriff „Alto Adige“ verwendet wird, der zwar in Bezug auf die Region (und nicht auf die Provinz) juristisch korrekt ist, doch wären gerade in diesem Text Anstrengungen zu unternehmen, ihn durch das faschistisch unbelastete „Sudtirolo“ zu ersetzen.

Skeptisch zeigt sich der Landeskommandant des Südtiroler Schützenbundes aber auch, wenn es im Art. 2 über die Landeskartographie heißt: „2. Die Namen werden in Deutsch, Italienisch und Ladinisch angeführt, sofern sie in jeder dieser Sprache gebräuchlich sind […].“ Wie will man den Gebrauch speziell der sogenannten „italienischen“ Namen feststellen? Indem man einen Blick in den „Prontuario dei nomi locali dell’Alto Adige“ von Ettore Tolomei wirft oder italienische Nationalisten oder sorglose Bürger fragt?“ Dann bliebe alles so, wie es ist, gibt er zu bedenken.

Auch stelle sich die Frage, wie der Landesbeirat für Kartographie „die Gestaltung des Ortsnamenverzeichnisses und die Anführung der Benennungen im Kartenwerk des Landes wissenschaftlich abzusichern“ gedenke. „Wie darf man sich eine „wissenschaftliche Absicherung“ der tolomeisch-faschistischen bzw. pseudoitalienischen, ahistorischen Ortsnamen vorstellen? Soll diese politisch gesteuert werden?“, kritisiert der Schützenchef. Und wer solle der im Entwurf genannte „Vertreter der für das Landesarchiv zuständigen Landesabteilung“ im Landesbeirat für Kartographie sein, nachdem im Landesarchiv weder ein Germanist, noch ein Romanist, noch ein Sprachwissenschaftler, geschweige denn einen Toponomast beschäftigt sei?

Als „pauschal und praxisfern formuliert“ bezeichnet der SSB die Formulierung:

5. Der Landesbeirat […] erarbeitet […] Hinweise zur Aussprache der Ortsnamen [und] zu den in diesen erkennbaren sprachlichen Substraten […], denn: „Wie verfährt man diesbezüglich mit den pseudoitalienischen bzw. tolomeisch-faschistischen Namen?“, will der Landeskommandant des SSB wissen, und: „Sollen diese aufgelistet und als solche bzw. als ahistorisch gekennzeichnet werden?“

Kritik gibt es auch bei den „Richtlinien für die Hodonomastik“, wo es heißt: „1. Die Appellative der öffentlichen Flächen werden […] in Deutsch, Italienisch und in den ladinischen Ortschaften auch Ladinisch […] angeführt.“

Dazu heißt es in der Schlernstraße: „Die Übersetzbarkeit von appellativischen Namenteilen sind in jedem Einzelfall sorgfältig zu prüfen, da die Grenze zwischen Name und Appellativ in vielen Fällen fließend ist und der Gewinn bzw. Sinn einer Übersetzung daher fraglich bleibt. Sind z. B. „Anger“, „Bichl“ und „Gangl“ Appellative oder Namen? Sind diese Begriffe übersetzbar? Ferner bilden in diversen Fällen Bestimmung und Grundwort eine untrennbare Einheit wie die Beispiele „Hohlenweg“, „Nassenweg“, „Tränkgasse“, „Endergasse“ oder „Totzental“ in der Gemeinde Kaltern zeigen.

Bedenken gibt es auch bei der Formulierung:

„2. Die Benennung der öffentlichen Flächen erfolgt nach den Vorgaben von Absatz 1, es sei denn, sie bezieht sich auf: […]Anthroponyme oder Ortsnamen, für die es keine andere Schreibweise denn in der Sprache gibt, die in Anwendung von Absatz 1 als erste gereiht wird […]“.

„Wie soll festgestellt werden, ob es eine oder keine Entsprechung in der anderen Sprache gibt?“ fragt sich Thaler, und weiter: „Wer entscheidet, ob Begriffe übersetzbar sind oder nicht? Soll eine diesbezügliche Feststellung politisch herbeigesteuert werden?“, wenn im SVP-Entwurf die Rede ist von „Begriffe und Ausdrücken […] die nicht unmittelbar und intuitiv übersetzbar sind“?

Eine politisch so heikle Sache bedürfe einer ernsthaften Auseinandersetzung und einer strengen wissenschaftlichen und juridischen Prüfung, so Thaler abschließend. Auf keinen Fall könne ein Entwurf mit dermaßen vielen Mängeln und Schwachstellen vom Landtag abgesegnet werden.

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